Die Geschichte der Mostbarone

‚Diese Häuser hat der Most gebaut’, sagt man im Mostviertel. Und meint damit die prachtvollen Vierkanthöfe, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden, als der Most der Region Wohlstand brachte. Die erfolgreichen Bauern, die sich der Kultivierung des Mostes verschrieben, nannte der Volksmund... ‚Mostbarone’.

 

Tatsächlich waren es schon viel früher Adelige, die sich für die Birnbäume und den aus den Birnen gepressten Saft einsetzten.

So gab es im 12. Jahrhundert im Umfeld von Stift Seitenstetten ein adeliges Geschlecht, das den Birnbaum im Wappen trug und sich ‚von Birnbaum’ nannte. Schließlich hat der Birnbaum alle Vorzüge, die man sich von einem edlen Geschlecht wünscht: Kraftvoll verwurzelt im Boden, von alles überragender Gestalt, von großer Fruchtbarkeit und Langlebigkeit.

Das erste schriftliche Lob auf den Most stammt aus dem Jahr 1240 und geht auf den Minnesänger Neidhart von Reuenthal zurück. Seine erste Blütezeit erlebte der Mostviertler Most im 16. Jahrhundert, als Ritter Philipp Grünthaler bei Schloss Zeillern einen großen ‚Paumgarten’ anlegen ließ.

Auch Kaiserin Maria Theresia war der Most ein Anliegen: Sie verordnete die Anpflanzung von Streuobstbäumen im Gebiet des heutigen Mostviertels. Ihr Sohn und Nachfolger Joseph II. belohnte Landwirte mit einer silbernen Medaille, wenn sie über 100 Obstbäume setzten. Er ordnete auch an, bei jeder Hochzeit einige Obstbäume anzupflanzen.

Den nächsten Aufschwung erlebte der Most gegen Ende des 19. Jahrhunderts, in der Zeit der Bauernbefreiung und Industrialisierung. Jetzt wurden Straßen und Eisenbahnnetze gebaut und der Most konnte leicht in fernere Regionen transportiert werden. Die Mostkeller wurden zur ‚Goldmine der Region’. Zu jener Zeit entstanden auch die herrschaftlich anmutenden Vierkanthöfe, die so typisch sind für das Mostviertel. Diese ungewöhnliche Bauweise brachten wandernde italienische Baumeisterfamilien in die Region.

Die gute Zeit hielt bis nach dem 2. Weltkrieg an. Dann geriet der Most völlig aus der Mode. Bier, Wein und Limonaden liefen ihm dem Rang ab. Viele Obstbaumzeilen wurden gerodet, der Baumbestand nahm rapide ab.

Bis zu Beginn der 90-er Jahre engagierte Mostproduzenten die Tradition wieder aufleben ließen und die Mostkultur mit frischen Impulsen bereicherten. Sie pflanzten neue Obstgärten, modernisierten die Kellereitechnik und gründeten die ‚Mostgalerie’ in Stift Ardagger. Um ganz besonderes Engagement rund um die Mostviertler Mostkultur auszuzeichnen, wählte man einen Titel mit Tradition: ‚Mostbaron’.

 

Wie beim Wein forcieren die Mostbarone den Trend zur Verfeinerung der Qualität und zur Vielfalt – immerhin gibt es im Mostviertel gut 300 verschiedene Birnensorten. Die neuen Moste präsentieren sich zumeist sortenrein und haben mittlerweile auch in der gehobenen Gastronomie Einzug gehalten.

Mostbarone verstehen sich als Impulsgeber und Botschafter der Mostviertler Mostkultur. Derzeit tragen 19 Mostproduzenten, Edelbrenner, Gastronomen und Hoteliers den Titel Mostbaron.